*1993 in Oxford, UK.
Arbeitet und lebt in Düsseldorf, Deutschland.
nuraafnansamandari.de
Studiert seit 2017 an der Kunstakademie Düsseldorf, Klasse Sabrina Fritsch
© Jana Buch
Meine Zeit in Georgien und Armenien, ermöglicht durch das Weltkunstzimmer, war sehr bewegend und wichtig für mich in vielerlei Hinsicht. Ich habe mich nicht zuletzt auch für dieses Stipendium beworben, da meine Familie aus dem Iran stammt und ich auf Grund meiner Religionszugehörigkeit als Bahá‘í das Land nicht betreten darf. Der längere Aufenthalt in Georgien, und vor allem in Armenien, war für mich eine Möglichkeit, so nah wie es geht an mein Herkunftsland heranzukommen und mit einer Kultur, politischen Lage, Atmosphäre und Lebensrealität in Berührung zu kommen, die sehr viele Ähnlichkeiten zum Iran birgt. Da ich als Armenierin oder Georgierin hätte durchgehen können, konnte ich auf gewisse Weise in der Masse untertauchen und an einem fremden Ort unbemerkt ein Teil des Ganzen werden, was für mich in Deutschland, meinem eigentlichen Heimatland, so nicht möglich ist. Auf einer persönlichen aber ebenso künstlerischen Ebene war die Möglichkeit, mich mit diesen Ländern zu verbinden, maßgebend für mich.
Ich durfte in jedem Land 4 Wochen verbringen, und bis ich dort Kontakte knüpfen und mich zurecht finden konnte, so fühlte es sich an, musste ich es wieder verlassen. Trotzdem bin ich froh, an beiden Orten gewesen zu sein, und betrachte die gewonnen Kontakte eher als den Beginn einer Zusammenarbeit, und einen Anstoß wieder zurückzukehren.
Armenien
Als ich in Yerevan ankam hatte ich von Beginn an das Gefühl einer starken Familiarität und des Willkommenseins, was auch daran lag, dass die Gastgeberfamilie der Unterkunft sowie die lokale Kuratorin der Weltkunstzimmer Residency, Eva Khachatryan, mich liebevoll empfangen haben.
Ausgehende von meinem Interesse für textile Techniken wurde mir ein Kontakt zum Teryan Cultural Center ermöglicht, wo ich einen täglichen Stickkurs besuchen konnte. Somit hatte ich eine bestimmte Tagesstruktur: Vormittags habe ich die Stadt erkundet, Museen, unterschiedliche Nachbarschaften und Ausstellungen besucht, in Cafés gelesen, geschrieben oder gestickt (denn es gab sehr viele Hausaufgaben). Nachmittags habe ich den Stickkurs besucht und Marash gelernt, eine traditionelle armenische Technik. Der Einblick in das Teryan Center und der tägliche Kontakt zu den Schneiderinnen und Kunsthandwerkerinnen war zudem ein schöner Weg, neue Menschen zu treffen, einige Brocken Armenisch zu lernen und sogar über politische Ereignisse zu sprechen, und somit ein schärferes Bild der dortigen Lebensrealität zu erlangen.
Eva hat ein Kolloquium mit einigen Künstlern organisiert, die sich ein Gemeinschaftsatelier in Yerevan teilen, und wir haben gegenseitig Arbeiten vorgestellt und intensiv gesprochen. Die anderen, die sich zwar fast täglich sehen, haben das Kolloquiumsformat sehr geschätzt da eine andere Intensität im Gespräch aufkam als es im Alltag der Fall ist.
Durch den Kontakt mit der Bahai Gemeinde war es möglich, bei einem Projekt für Juniorjugendliche (11-15 Jahre) in der Nachbarschaft von Shengavit mitzumachen. Das Projekt fand in einem Nachbarschaftszentrum statt, und ich habe mit einigen Jugendlichen zusammen für jüngere Jugendliche einen Webkurs angeboten der mehrere Tage ging, in welchem sie einfache Armänder weben konnten. Wir haben uns für die Vorbereitung der Webrahmen getroffen, über das Ziel und die Atmosphäre des Kurses beraten, den Kurs durchgeführt und über die Ergebnisse reflektiert. Die Zeit mit den Jugendlichen war super für mich, weil ich mitbekommen durfte wie nachbarschaftsbildende Aktivitäten vor Ort umgesetzt werden können. Trotz der Sprachbarriere konnten wir uns irgendwie verständigen und ich versuchte ihre Fragen mit Händen und Füßen beantworten, aber gleichzeitig haben sie mir schnell viele neue Wörter beigebracht.
Im Laufe meines Aufenthaltes habe ich auch immer wieder das Künstleratelier/Offspace :DDD Kunsthaus auf der Orbeli Brothers Street besucht, für Ausstellungen, Konzerte, oder Atelierbesuche. Auch das war wichtig um im Kontakt zu bleiben oder neue Leute aus der Kunstszenekennenzulernen. Am Ende der Zeit in Yerevan konnte ich dort eine kleine Ausstellung realisieren.
Georgien
Ana Chaduneli, die bereits mit den Frauenkulturbüro Teil des Künstler*innenaustausch zwischen Georgien und NRW war, hat mich in meinem Aufenthalt begleitet. Sie betreibt die Plattform Afischa (www.aaaaaaafisha.net), wo aktuelle Ausstellungen in Tbilisi und Umgebung zu finden sind. Ana ist mit Ninutsa Shatberashvili und weiteren Künstlerinnen Teil des Kollektivs und Atelierhauses Kurorti. Ich durfte regelmäßig dort arbeiten, und so schneller mit anderen in Kontakt kommen.
Durch die Weltkunstzimmer Residency Alumna Mari Kalabegashvili konnte ich Mariam Shergelashvili kennenlernen, die als Kuratorin im State Silk Museum arbeitet. Das Museum wird gerade von Grund auf saniert, und sie planen ihr Angebot in der Zukunft auszubauen und Räume für Künstler*innen und Kurator*innen zu schaffen, die für Projekte oder Residenzen nach Tbilisi kommen. Es besteht auch die Möglichkeit für mich, als Praktikantin zurückzukommen sobald das Museum mehr Helfer*innen bei der Neueröffnung braucht, oder ggf künstlerische Projekte dort zu realisieren. Mariam und ich möchten diesbezüglich in Kontakt bleiben.
Da das Knüpfen von Kontakten in Tbilisi langsamer verlief, habe ich Zeit genommen um zu reisen, Zeit in den Bergen von Svaneti und am Schwarzen Meer zu verbringen und dort zu Zeichnen. Ich glaube, dass man sich ein Stück weit entscheiden muss worauf man den Fokus legt da die Zeit sehr begrenzt ist. Sowohl zu reisen, künstlerisch viel zu arbeiten als auch sich aktiv in der Szene einzubringen ist eine gewisse Herausforderung. Für zukünftige Stipendiaten würde ich definitiv empfehlen, Ausflüge und Reisen außerhalb der Hauptstädte mit einer Gruppe von den Kontaktpersonen im Vorhinein zu planen. Erst dann hat man das Gefühl, wie es viele sagen, das Land wirklich gesehen zu haben.
© Nura Afnan-Samandari
*1993 in Oxford, UK.
Arbeitet und lebt in Düsseldorf, Deutschland.
nuraafnansamandari.de
Studiert seit 2017 an der Kunstakademie Düsseldorf, Klasse Sabrina Fritsch
© Jana Buch
Meine Zeit in Georgien und Armenien, ermöglicht durch das Weltkunstzimmer, war sehr bewegend und wichtig für mich in vielerlei Hinsicht. Ich habe mich nicht zuletzt auch für dieses Stipendium beworben, da meine Familie aus dem Iran stammt und ich auf Grund meiner Religionszugehörigkeit als Bahá‘í das Land nicht betreten darf. Der längere Aufenthalt in Georgien, und vor allem in Armenien, war für mich eine Möglichkeit, so nah wie es geht an mein Herkunftsland heranzukommen und mit einer Kultur, politischen Lage, Atmosphäre und Lebensrealität in Berührung zu kommen, die sehr viele Ähnlichkeiten zum Iran birgt. Da ich als Armenierin oder Georgierin hätte durchgehen können, konnte ich auf gewisse Weise in der Masse untertauchen und an einem fremden Ort unbemerkt ein Teil des Ganzen werden, was für mich in Deutschland, meinem eigentlichen Heimatland, so nicht möglich ist. Auf einer persönlichen aber ebenso künstlerischen Ebene war die Möglichkeit, mich mit diesen Ländern zu verbinden, maßgebend für mich.
Ich durfte in jedem Land 4 Wochen verbringen, und bis ich dort Kontakte knüpfen und mich zurecht finden konnte, so fühlte es sich an, musste ich es wieder verlassen. Trotzdem bin ich froh, an beiden Orten gewesen zu sein, und betrachte die gewonnen Kontakte eher als den Beginn einer Zusammenarbeit, und einen Anstoß wieder zurückzukehren.
Armenien
Als ich in Yerevan ankam hatte ich von Beginn an das Gefühl einer starken Familiarität und des Willkommenseins, was auch daran lag, dass die Gastgeberfamilie der Unterkunft sowie die lokale Kuratorin der Weltkunstzimmer Residency, Eva Khachatryan, mich liebevoll empfangen haben.
Ausgehende von meinem Interesse für textile Techniken wurde mir ein Kontakt zum Teryan Cultural Center ermöglicht, wo ich einen täglichen Stickkurs besuchen konnte. Somit hatte ich eine bestimmte Tagesstruktur: Vormittags habe ich die Stadt erkundet, Museen, unterschiedliche Nachbarschaften und Ausstellungen besucht, in Cafés gelesen, geschrieben oder gestickt (denn es gab sehr viele Hausaufgaben). Nachmittags habe ich den Stickkurs besucht und Marash gelernt, eine traditionelle armenische Technik. Der Einblick in das Teryan Center und der tägliche Kontakt zu den Schneiderinnen und Kunsthandwerkerinnen war zudem ein schöner Weg, neue Menschen zu treffen, einige Brocken Armenisch zu lernen und sogar über politische Ereignisse zu sprechen, und somit ein schärferes Bild der dortigen Lebensrealität zu erlangen.
Eva hat ein Kolloquium mit einigen Künstlern organisiert, die sich ein Gemeinschaftsatelier in Yerevan teilen, und wir haben gegenseitig Arbeiten vorgestellt und intensiv gesprochen. Die anderen, die sich zwar fast täglich sehen, haben das Kolloquiumsformat sehr geschätzt da eine andere Intensität im Gespräch aufkam als es im Alltag der Fall ist.
Durch den Kontakt mit der Bahai Gemeinde war es möglich, bei einem Projekt für Juniorjugendliche (11-15 Jahre) in der Nachbarschaft von Shengavit mitzumachen. Das Projekt fand in einem Nachbarschaftszentrum statt, und ich habe mit einigen Jugendlichen zusammen für jüngere Jugendliche einen Webkurs angeboten der mehrere Tage ging, in welchem sie einfache Armänder weben konnten. Wir haben uns für die Vorbereitung der Webrahmen getroffen, über das Ziel und die Atmosphäre des Kurses beraten, den Kurs durchgeführt und über die Ergebnisse reflektiert. Die Zeit mit den Jugendlichen war super für mich, weil ich mitbekommen durfte wie nachbarschaftsbildende Aktivitäten vor Ort umgesetzt werden können. Trotz der Sprachbarriere konnten wir uns irgendwie verständigen und ich versuchte ihre Fragen mit Händen und Füßen beantworten, aber gleichzeitig haben sie mir schnell viele neue Wörter beigebracht.
Im Laufe meines Aufenthaltes habe ich auch immer wieder das Künstleratelier/Offspace :DDD Kunsthaus auf der Orbeli Brothers Street besucht, für Ausstellungen, Konzerte, oder Atelierbesuche. Auch das war wichtig um im Kontakt zu bleiben oder neue Leute aus der Kunstszenekennenzulernen. Am Ende der Zeit in Yerevan konnte ich dort eine kleine Ausstellung realisieren.
Georgien
Ana Chaduneli, die bereits mit den Frauenkulturbüro Teil des Künstler*innenaustausch zwischen Georgien und NRW war, hat mich in meinem Aufenthalt begleitet. Sie betreibt die Plattform Afischa (www.aaaaaaafisha.net), wo aktuelle Ausstellungen in Tbilisi und Umgebung zu finden sind. Ana ist mit Ninutsa Shatberashvili und weiteren Künstlerinnen Teil des Kollektivs und Atelierhauses Kurorti. Ich durfte regelmäßig dort arbeiten, und so schneller mit anderen in Kontakt kommen.
Durch die Weltkunstzimmer Residency Alumna Mari Kalabegashvili konnte ich Mariam Shergelashvili kennenlernen, die als Kuratorin im State Silk Museum arbeitet. Das Museum wird gerade von Grund auf saniert, und sie planen ihr Angebot in der Zukunft auszubauen und Räume für Künstler*innen und Kurator*innen zu schaffen, die für Projekte oder Residenzen nach Tbilisi kommen. Es besteht auch die Möglichkeit für mich, als Praktikantin zurückzukommen sobald das Museum mehr Helfer*innen bei der Neueröffnung braucht, oder ggf künstlerische Projekte dort zu realisieren. Mariam und ich möchten diesbezüglich in Kontakt bleiben.
Da das Knüpfen von Kontakten in Tbilisi langsamer verlief, habe ich Zeit genommen um zu reisen, Zeit in den Bergen von Svaneti und am Schwarzen Meer zu verbringen und dort zu Zeichnen. Ich glaube, dass man sich ein Stück weit entscheiden muss worauf man den Fokus legt da die Zeit sehr begrenzt ist. Sowohl zu reisen, künstlerisch viel zu arbeiten als auch sich aktiv in der Szene einzubringen ist eine gewisse Herausforderung. Für zukünftige Stipendiaten würde ich definitiv empfehlen, Ausflüge und Reisen außerhalb der Hauptstädte mit einer Gruppe von den Kontaktpersonen im Vorhinein zu planen. Erst dann hat man das Gefühl, wie es viele sagen, das Land wirklich gesehen zu haben.
© Nura Afnan-Samandari