*1988 in Saarbrücken.
Lebt und arbeitet in Köln.
karenfritz.net
2021 Meisterstudium bei Prof. Daniel Hausig, Hochschule der Bildenden Künste Saar
2018 Master Freie Kunst, Hochschule der Bildenden Künste Saar
2017 Saatsexamen Freie Kunst, Germanistik, Hochschule der Bildenden Künste Saar/ Universität des Saarlandes
2013 Institut Supérieur des Arts, Toulouse
2012-2013 Universitatea Nationala de Arte, Bukarest
Mitglied des Ambient Sound Kollektivs Meta
Forschung/Vermittlung
2021-22 Lehrauftrag Licht als künstl. Material Hochschule der Bildende Künste Saar
seit 2018 künstlerisch-wissenschaftliche Mitarbeit lifa-research online Datenbank (light in fine arts)
© Adrian Knuppertz
Yerevan
Ich komme in der Nacht vom 12. September 2022 in Yerevan an; genau dann, als die Militäroffensive Aserbaidschans auf Armeniens Grenzgebiete beginnt.
Bereits als ich aus dem Flugzeug aussteige, beobachte ich in den Warteschlangen Diskussionen und beunruhigende Gespräche mit dem ständigen Blick auf das Smartphone. Ich werde von der Schwester der Besitzerin der Ferienwohnung abgeholt, auf dem Weg in die Stadt begegnen uns mehrere Soldaten und Militärfahrzeuge. Bis ihn die Nacht höre ich meiner Gastgeberin zu, die mich über den Konflikt aufklärt.
Tags darauf treffe ich Eva Khachatryan, und unser Kennenlernen besteht (erst mal) nicht darin, Fragen zeitgenössischer Kunst zu diskutieren, sondern die Lage im Land zu bereden. Es herrscht Ausnahmezustand, und auch wenn schon nach 2 Tagen der Waffenstillstand ausgerufen wird, so bleibt die Angst vor militärischen Auseinandersetzungen. Die Angriffe auf das Territorialgebiet scheinen einen Krieg auf armenischem Boden wahrscheinlich werden lassen.
In Yerevan sind bis auf Weiteres so gut wie alle kulturellen Veranstaltungen sowie Vernissagen abgesagt. In den beiden Anfangswochen erkunde ich viel zu Fuß die Stadt und recherchiere über den Konflikt und die politische Lage. Anknüpfungspunkte zu finden ist erst schwer.
Weitere politische Ereignisse prägen 2022 die Stadt: Russische Exilant*innen, die vor dem Putin-Regime fliehen, gestalten die Stadt mit, organisieren Konzerte, betreiben Kneipen u.ä.
Die Kehrseite sind steigende Preise.
Ereignisse wie militärische Konflikte, die ich sonst nur medial erlebe, fühlen sich auf einmal sehr real und nah an.
Nach dem ersten Schock, mich in einer potentiellen Kriegssituation zu befinden, wächst das Bedürfnis nach einem Arbeitsplatz und dem Austausch mit Yerevaner Künstler*innen. Mit Evas Hilfe kann ich einen Arbeitsplatz in der Firdusi 48 beziehen. Die Straße befindet sich versteckt im Zentrum Yerevans, ist eine ehemalige Marktstraße (einige Stände gibt es noch) und gehört zum - noch - unrenovierten und ungentrifizierten Teil der Stadt, einem der letzten Überbleibsel der Altstadt (neben Kond).
Das Atelierhaus in der Firdusi wird kollektiv von drei Künstlerinnen betrieben, die das sehr baufällige Gebäude zum Teil erst übernommen haben. Das Viertel ist geprägt von unrenovierten mehrstöckigen Gebäuden und grünen Hintergärten und ist gleichzeitig bedroht von dem Abriss und Verkauf.
Das Zusammentreffen ist für mich ein Glücksfall; ich habe Platz, um an einem großen Tuschegemälde zu arbeiten und freunde mich mit den drei Künstlerinnen, Angela Hovakimyan, Mary Moon und Siranush Aghajanyan an. Gemeinsam erledigen wir kleine Renovierungsarbeiten am Haus, kochen zusammen, führen Diskussionen über Politik, Krieg, Kunst, Philosophie und mehr, immer mit viel Humor. Angesichts der Kürze der Zeit werden wir schnell zu einer Gemeinschaft. Wir unternehmen gemeinsam Ausflüge, z.B. besuchen wir den Künstler Hayk Mesropian, der in Stepanavan ein Atelierhaus renoviert. Das Ende meines Aufenthalts beschließen wir mit einen „Open studios“ in der Firdusi Street. Mary und Angela erzählen mir, dass dieses Format nicht üblich ist in Yerevan, und dass es generell an Events und Orte für zeitgenössische, selbstorganisierte Kunst mangelt. Was nicht heißen soll, dass es in Yerevan keine Orte für zeitgenössische Kunst gibt (z.B. das Armenian Center for Contemporary Experimental Art oder Dalan Art Gallery).
Unser Event ist sehr gut besucht, von Kurator*innen bis hin zu Freund*innen und Familienmitgliedern, ebenso von vielen Künstler*innen. Wir zeigen Bilder, Druckgraphiken, Mosaike, Installationen und mehr. Meine Kolleginen können einige ihrer Werke verkaufen. Am Abend liegen wir uns gemeinsam in den Armen und singen Lieder. Das Atelierhaus in der Firdusi etabliert sich als Treffpunkt und Ort des künstlerischen Austausches. Nach Ende meiner Residency kehre ich nach Yerevan zurück und wohne für einige Tage in der Firdusi Street.
Meine künstlerische Praxis in Yerevan
Während meines Aufenthaltes in Yerevan besteht meine künstlerische Praxis aus drei Punkten: der Recherche über die politische Situation, besonders die Reflektion über den Einsatz von Kriegstechnik wie Drohnen oder Phosphorbomben, die Weiterführung meiner zeichnerischen und installativen Arbeit und drittens Kunst-Schaffen in der Gemeinschaft: Zusammen alternative Räume der Solidarität und Begegnung herstellen durch Kunst. Für die Open Studios fertige ich eine neue Version meiner Installation Partikuläres Kontinuum an, eine aus Plastik genähte Halbkugel, die mit ca. 80 l Wasser gefüllt und mit Licht eine optische Linse bildet. Ich installiere sie in einen unrenovierten Raum im Haus der Firdusi 48. Durch Löcher in der Außenwand werden stetig von anderen Teilen des Hauses Wasser in die Linse geleitet, sodass eine Atmosphäre aus Tropfgeräusche, Reflexionen, Licht, Bewegung und improvisierten Konstruktionselementen entsteht. Eva ist mir bei der Beschaffung der Materialien und dem Herstellungsprozess behilflich.
Am Wichtigsten für mich ist der Austausch mit den Künstler:innen und das Gestalten einer Gemeinschaft. Ich glaube, ich brauche nicht auszuführen, dass es in Armenien natürlich weniger Fördermöglichkeiten, Räume, aber auch Räume des Lernens bzgl. Kunst gibt. Umso beeindruckender ist es für mich, die Arbeit der Künstlerinnen in der Firdusi 48 zu beobachten, zu begleiten und daran teilzuhaben. Durch viele Gespräche, Diskussionen und gemeinsames Handeln gestalten wir eine Atmosphäre des Voneinander-Lernens. Diese Prozesse sind im Ergebnis eines Kunstwerks oft unsichtbar, aber gehören meiner Meinung nach genauso zur künstlerischen Praxis.Die filigranen Engel sind an den rissigen Kachelwänden des Ausstellungsraums angebracht. Ein Video zeigt die Künstlerin selbst, die in einer Endlosschleife das Gebet rezitiert. Der kleine Raum, der an einen Schutzraum erinnert, erhält so eine Atmosphäre von Zuflucht und Sakralität. Kleine Spiegel erlauben nicht nur Einblicke in die Installation aus verschiedenen Blickwinkeln, sondern evozieren auch das Gefühl, gesehen oder bewacht zu werden. Die Installation erforscht die Erfahrung, in Zeiten der Not alte Gewohnheiten wieder auszugraben, in vertrauten Ritualen Momente des persönlichen Friedens und der Handlungsfähigkeit zu finden im Kontext einer von Krieg und Konflikten geprägten Welt.
Tbilisi
Tbilisi, aufgrund seiner Musik-, Kunst- und alternativen Szene auch „Klein-Berlin“ genannt, unterscheidet sich stark zu dem weniger touristischen, weniger kapitalistisch und familiär wirkenden Yerevan. Bei meiner Ankunft treffe ich Ninutsa Shatberashvili und Rebekka Stuhlemer, sodass ich mich schnell zurechtfinde. Außerdem bekomme ich in den ersten zwei Wochen Besuch von zwei Freundinnen aus Yerevan, mit denen ich die Must-Dones in Tbilisi erkunde. Ninutsa, stark vernetzt in der Kunstszene und Teil von mehreren Kollektiven, führt mich auf sehr warme, freundschaftliche Weise in die Tbiliser Szene ein.
Natürlich sehe ich jetzt alles auch im Kontrast zu meinen Erlebnissen in Yerevan, und die Anwesenheit von zeitgenössischer Kunst in Form westlicher Galerien, aber auch selbstorganisierter Orte wie das CCA - Center of Contemporary Art - Tbilisi ist bezeichnend.
Jedoch ist der touristische und westliche Einfluss auch durch Shoppingmalls, Ketten, teure Restaurants aber auch sehr viel mehr sichtbarer Armut präsent. Ich nehme die Stimmung der Stadt, trotz des warmen Empfangs von Ninutsa und ihren Freund*innen, als schnelllebiger, aber auch rauher war.
Ebenfalls noch mehr zu spüren ist der Krieg in der Ukraine, und als Folge, politische Exilant*innen aus Russland. Im Herbst 2022 stauen sich kilometerlang Autos vor der Russisch-Georgischen Grenze als Folge der Teilmobilmachung Putins.
Die Stadt ist voll von antirussischen und pazifistischen Graffiti, und der Konflikt Pro-Russland versus Pro-Ukraine/ Anti-Krieg scheint noch mehr die Gesellschaft zu spalten. So lerne ich auf einer Veranstaltung von Ninutsas Ateliergemeinschaft eine Russischstämmige Sprachwissenschaftlerin und ihren US-amerikanischen, seit Jahren in Tbilisi wohnenden Partner kennen. Beide möchten nach Berlin, und über das Jahr 2023 stehe ich mit Matthew, der Musiker ist und mit dem ich eine Synthesizer Jam-Session in Tbilisi habe, in Verbindung.
Besonders beeindruckt mich die Ausstellung des Kollektivs Slavs and Tatars und des georgischen Bildhauers Giorgi Khanishvili in der Kunsthalle Tbilisi, die auf humorvolle und gleichzeitig sehr politische Art westliche Klischees, aber auch westliche Machtstrukturen, über die Kaukasus-Region hinterfragen.
Ebenso beeindruckt mich das CCA, das nicht nur selbstorganisierter Ausstellungsort ist, sondern eine eigene selbstorganisierte Kunstuniversität betreibt, mit wechselnden Gastprofessor*innen.
Meine künstlerische Praxis in Tbilisi
In Tbilisi liegt mein Fokus auf dem großen Angebot an kulturellem Input, der Vernetzung und weniger, wie in Yerevan, auf einer täglichen künstlerischen Praxis. Interessant und, besonders als Fußgänger*in auffällig, ist der verwehrte Zugang zum Fluss Mtkvari, der mitten durch Tbilisi fließt. Von beiden Seiten ist der Weg durch fast unüberwindbare Schnellstrassen verschlossen. Von einem Mitglied des CCA, der 2019 ein Kunstfestival am Fluss mitorganisiert hat, erfahre ich von der hohen Verschmutzung des Mtkvari. Mit meinem Partner, der zu Besuch ist, erkunden wir zu Fuß mehrere Kilometer lang das fast unzugängliche Ufer, stoßen vorhersehbar auf Unmengen an Müll, aber auch auf Angler.
Durch Ninutsa lerne ich den australischen Künstler Robert McDougall kennen, Gastprofessor an der CCA. Durch das gemeinsame künstlerische Interesse an Fragen des Anthropozäns lädt er mich ein, meine Installation bei der von ihm kuratierten Ausstellung We have never been modern im CCA zu zeigen.
Ich transportiere die Installation von Yerevan nach Tbilisi; diesmal wird das saubere Wasser der Linse mit Wasser des Mtkvari tröpfchenweise injiziert. Unter einer Pflanzenzuchtlampe, die an eine Zeitschaltuhr gebunden ist, entwickeln sich Sporen, Bakterien, Algen aus dem Flusswasser.
*1988 in Saarbrücken.
Lebt und arbeitet in Köln.
karenfritz.net
2021 Meisterstudium bei Prof. Daniel Hausig, Hochschule der Bildenden Künste Saar
2018 Master Freie Kunst, Hochschule der Bildenden Künste Saar
2017 Saatsexamen Freie Kunst, Germanistik, Hochschule der Bildenden Künste Saar/ Universität des Saarlandes
2013 Institut Supérieur des Arts, Toulouse
2012-2013 Universitatea Nationala de Arte, Bukarest
Mitglied des Ambient Sound Kollektivs Meta
Forschung/Vermittlung
2021-22 Lehrauftrag Licht als künstl. Material Hochschule der Bildende Künste Saar
seit 2018 künstlerisch-wissenschaftliche Mitarbeit lifa-research online Datenbank (light in fine arts)
© Adrian Knuppertz
Yerevan
Ich komme in der Nacht vom 12. September 2022 in Yerevan an; genau dann, als die Militäroffensive Aserbaidschans auf Armeniens Grenzgebiete beginnt.
Bereits als ich aus dem Flugzeug aussteige, beobachte ich in den Warteschlangen Diskussionen und beunruhigende Gespräche mit dem ständigen Blick auf das Smartphone. Ich werde von der Schwester der Besitzerin der Ferienwohnung abgeholt, auf dem Weg in die Stadt begegnen uns mehrere Soldaten und Militärfahrzeuge. Bis ihn die Nacht höre ich meiner Gastgeberin zu, die mich über den Konflikt aufklärt.
Tags darauf treffe ich Eva Khachatryan, und unser Kennenlernen besteht (erst mal) nicht darin, Fragen zeitgenössischer Kunst zu diskutieren, sondern die Lage im Land zu bereden. Es herrscht Ausnahmezustand, und auch wenn schon nach 2 Tagen der Waffenstillstand ausgerufen wird, so bleibt die Angst vor militärischen Auseinandersetzungen. Die Angriffe auf das Territorialgebiet scheinen einen Krieg auf armenischem Boden wahrscheinlich werden lassen.
In Yerevan sind bis auf Weiteres so gut wie alle kulturellen Veranstaltungen sowie Vernissagen abgesagt. In den beiden Anfangswochen erkunde ich viel zu Fuß die Stadt und recherchiere über den Konflikt und die politische Lage. Anknüpfungspunkte zu finden ist erst schwer.
Weitere politische Ereignisse prägen 2022 die Stadt: Russische Exilant*innen, die vor dem Putin-Regime fliehen, gestalten die Stadt mit, organisieren Konzerte, betreiben Kneipen u.ä.
Die Kehrseite sind steigende Preise.
Ereignisse wie militärische Konflikte, die ich sonst nur medial erlebe, fühlen sich auf einmal sehr real und nah an.
Nach dem ersten Schock, mich in einer potentiellen Kriegssituation zu befinden, wächst das Bedürfnis nach einem Arbeitsplatz und dem Austausch mit Yerevaner Künstler*innen. Mit Evas Hilfe kann ich einen Arbeitsplatz in der Firdusi 48 beziehen. Die Straße befindet sich versteckt im Zentrum Yerevans, ist eine ehemalige Marktstraße (einige Stände gibt es noch) und gehört zum - noch - unrenovierten und ungentrifizierten Teil der Stadt, einem der letzten Überbleibsel der Altstadt (neben Kond).
Das Atelierhaus in der Firdusi wird kollektiv von drei Künstlerinnen betrieben, die das sehr baufällige Gebäude zum Teil erst übernommen haben. Das Viertel ist geprägt von unrenovierten mehrstöckigen Gebäuden und grünen Hintergärten und ist gleichzeitig bedroht von dem Abriss und Verkauf.
Das Zusammentreffen ist für mich ein Glücksfall; ich habe Platz, um an einem großen Tuschegemälde zu arbeiten und freunde mich mit den drei Künstlerinnen, Angela Hovakimyan, Mary Moon und Siranush Aghajanyan an. Gemeinsam erledigen wir kleine Renovierungsarbeiten am Haus, kochen zusammen, führen Diskussionen über Politik, Krieg, Kunst, Philosophie und mehr, immer mit viel Humor. Angesichts der Kürze der Zeit werden wir schnell zu einer Gemeinschaft. Wir unternehmen gemeinsam Ausflüge, z.B. besuchen wir den Künstler Hayk Mesropian, der in Stepanavan ein Atelierhaus renoviert. Das Ende meines Aufenthalts beschließen wir mit einen „Open studios“ in der Firdusi Street. Mary und Angela erzählen mir, dass dieses Format nicht üblich ist in Yerevan, und dass es generell an Events und Orte für zeitgenössische, selbstorganisierte Kunst mangelt. Was nicht heißen soll, dass es in Yerevan keine Orte für zeitgenössische Kunst gibt (z.B. das Armenian Center for Contemporary Experimental Art oder Dalan Art Gallery).
Unser Event ist sehr gut besucht, von Kurator*innen bis hin zu Freund*innen und Familienmitgliedern, ebenso von vielen Künstler*innen. Wir zeigen Bilder, Druckgraphiken, Mosaike, Installationen und mehr. Meine Kolleginen können einige ihrer Werke verkaufen. Am Abend liegen wir uns gemeinsam in den Armen und singen Lieder. Das Atelierhaus in der Firdusi etabliert sich als Treffpunkt und Ort des künstlerischen Austausches. Nach Ende meiner Residency kehre ich nach Yerevan zurück und wohne für einige Tage in der Firdusi Street.
Meine künstlerische Praxis in Yerevan
Während meines Aufenthaltes in Yerevan besteht meine künstlerische Praxis aus drei Punkten: der Recherche über die politische Situation, besonders die Reflektion über den Einsatz von Kriegstechnik wie Drohnen oder Phosphorbomben, die Weiterführung meiner zeichnerischen und installativen Arbeit und drittens Kunst-Schaffen in der Gemeinschaft: Zusammen alternative Räume der Solidarität und Begegnung herstellen durch Kunst. Für die Open Studios fertige ich eine neue Version meiner Installation Partikuläres Kontinuum an, eine aus Plastik genähte Halbkugel, die mit ca. 80 l Wasser gefüllt und mit Licht eine optische Linse bildet. Ich installiere sie in einen unrenovierten Raum im Haus der Firdusi 48. Durch Löcher in der Außenwand werden stetig von anderen Teilen des Hauses Wasser in die Linse geleitet, sodass eine Atmosphäre aus Tropfgeräusche, Reflexionen, Licht, Bewegung und improvisierten Konstruktionselementen entsteht. Eva ist mir bei der Beschaffung der Materialien und dem Herstellungsprozess behilflich.
Am Wichtigsten für mich ist der Austausch mit den Künstler:innen und das Gestalten einer Gemeinschaft. Ich glaube, ich brauche nicht auszuführen, dass es in Armenien natürlich weniger Fördermöglichkeiten, Räume, aber auch Räume des Lernens bzgl. Kunst gibt. Umso beeindruckender ist es für mich, die Arbeit der Künstlerinnen in der Firdusi 48 zu beobachten, zu begleiten und daran teilzuhaben. Durch viele Gespräche, Diskussionen und gemeinsames Handeln gestalten wir eine Atmosphäre des Voneinander-Lernens. Diese Prozesse sind im Ergebnis eines Kunstwerks oft unsichtbar, aber gehören meiner Meinung nach genauso zur künstlerischen Praxis.Die filigranen Engel sind an den rissigen Kachelwänden des Ausstellungsraums angebracht. Ein Video zeigt die Künstlerin selbst, die in einer Endlosschleife das Gebet rezitiert. Der kleine Raum, der an einen Schutzraum erinnert, erhält so eine Atmosphäre von Zuflucht und Sakralität. Kleine Spiegel erlauben nicht nur Einblicke in die Installation aus verschiedenen Blickwinkeln, sondern evozieren auch das Gefühl, gesehen oder bewacht zu werden. Die Installation erforscht die Erfahrung, in Zeiten der Not alte Gewohnheiten wieder auszugraben, in vertrauten Ritualen Momente des persönlichen Friedens und der Handlungsfähigkeit zu finden im Kontext einer von Krieg und Konflikten geprägten Welt.